„Ach, wär' ich
nur ein einzig Mal ein stolzer Prinz im Karneval." Ob jeder, der das Lied in
den Karnevalssitzungen mitsingt, das wirklich gern wäre, mag dahingestellt
bleiben. Denn einfach ist die Prinzenrolle nicht -und billig schon gar
nicht. Gleichwohl finden sich Jahr für Jahr Männer, die diese Rolle spielen
wollen. Manche reissen sich förmlich darum - und nicht immer mit Erfolg.
Schon früh im Jahr, wenn der Elfte im Elften und die nächste Session noch in
weiter Ferne liegen, beginnt im Festkomitee die Suche. Karnevalistische
Insider flüstern sich Namen zu: „Der X soll es machen" - was dann in der
Regel gar nicht stimmt. Karnevalsgesellschaften melden Ansprüche an. Anlässe
finden sich immer, Jubiläen zumeist. Die werden von den organisierten
närrischen Kölnern in grosser Anzahl gefeiert; nicht nur, wenn sich die
Wiederkehr der Gründung durch 10 oder notfalls durch 5 teilen lässt. Auch
die Jeckenzahl 11 muss für Jubeljahre herhalten: Dreimal Elf oder auch nur
einmal - man feiert die Feste, wie sie fallen. In den Gesellschaften, die
jubilieren oder einfach meinen, sie wären „auch mal dran mit dem
Dreigestirn", hat man natürlich schon Ausschau gehalten nach passenden
Kandidaten. Wer käme denn in Frage als Prinz? Gut muss er aussehen, nicht
unbedingt schön wie ein Filmstar, aber doch stattlich. Gute Reden muss er
halten können, was so einfach nicht ist. Manch einer, der im kleinen Kreis
mit Geist, Witz und Schlagfertigkeit brilliert, gerät vor grossem Publikum
ins Stocken. Aber das lässt sich regeln; schliesslich gibt es Rhetorikkurse,
die das Festkomitee seinen Repräsentanten nachdrücklich empfiehlt.
Schwieriger wird es, wenn es um Geld geht. Prinz, Bauer und Jungfrau müssen,
wie man in Köln sagt, „jet an de Fööß han" und bereit sein, grössere Beträge
hinzublättern. Bisher trugen sie die während der Amtszeit entstehenden
Kosten in voller Höhe selbst. Wie teuer das Vergnügen ist, darüber wird
eisern geschwiegen. Doch Insider behaupten steif und fest, dass Prinzen
nicht unter 50 000 Euro davonkamen und Bauern und Jungfrauen zusammen noch
mal diesen Betrag aufbringen mussten. Kein billiges Vergnügen. Und das ist
es auch nicht, wenn - wie es das Festkomitee 1991/92 erwog - ein Teil der
Kosten erlassen wird.
Eine Karnevalsgesellschaft hat also ihre Kandidaten ausgesucht.
Zwischendurch ist schon mal einer abgesprungen, aber es fand sich Ersatz.
Die drei, die schliesslich entschlossen sind, haben ihre Familien überzeugt
und sind mit Geschäftspartnern oder Chefs einig geworden, wie es denn
weitergeht mit der Firma in den närrischen Wochen. Sie haben getestet, ob
sie zusammen passen, ob sie es durchhalten, sich drei oder mehr Wochen unter
Stressbedingungen eng auf der Pelle zu sitzen, und sie haben sich sogar
einen Strafregisterauszug kommen lassen, damit sie nachweisen können, dass
sie ehrenwerte Leute sind. Wären sie das nicht, dann gäbe es, wie Beispiele
aus früheren Jahren zeigen, einen Skandal, der den Karneval erschüttern
könnte.
Wenn es das Pech dann will, hat eine andere Gesellschaft auch Jubiläum und
präsentiert ebenfalls drei respektable Kandidaten. Oder das Festkomitee hat
mal eine ganz andere Idee: Es muss ja nicht immer ein Dreigestirn aus einer
Jubiläumsgesellschaft sein ... In solchen Situationen ist Ärger
programmiert. Da verflüchtigt sich schon mal der sprichwörtliche kölsche
Humor. Irgendwie aber kommt alles ins Lot. Das Komitee entscheidet, der
Oberbürgermeister wird konsultiert, denn er muss ja wissen, wen er im Januar
proklamiert. Und dann werden die Namen veröffentlicht; es soll nichts mehr
überkochen in der Gerüchteküche. Danach ist für die designierten Tollitäten
an Stammtischen und bei anderen Gelegenheiten manche Runde fällig; schon ehe
es richtig losgeht mit den großen Ausgaben.
Die meisten Kölner nehmen die Mitteilung der Namen erst mal recht gelassen
auf. Die Zeit ist vorbei, da die Namensliste von Prinz, Bauer und Jungfrau
schon im frühen Herbst Stadtgespräch war. Es gibt so viele wichtige, auch
sensationelle Nachrichten, so viele Reize, so viele interessante Figuren.
Erst um den Elften im Elften herum, wenn das künftige Dreigestirn im Rathaus
offiziell den Repräsentanten der Stadt und anschließend (noch in Zivil,
versteht sich) auf dem Alter Markt dem Publikum vorgestellt wird, wachsen
Interesse und Neugier. „Mal sehen, wie gut die sind."
Wie gut - nicht, ob sie überhaupt gut sind, wird gefragt. Es gilt in Köln
offenbar ein ungeschriebenes Grundgesetz, nach dem die Würde von Prinz,
Bauer und Jungfrau unantastbar ist - es sei denn (siehe oben), ihre Weste
wäre nicht weiss. Man macht, ausser im respektlosen alternativen Karneval,
keine Witze über sie, man klatscht auch bei weniger attraktiven Ansprachen
und glaubt die Loblieder auf Stadt und Fasteleer, die zum Ritus jeder
Prinzenrede gehören.
Die erste Ansprache vor grossem Publikum hält Seine Tollität bei seiner
Proklamation im Gürzenich. Wenn er die überstanden hat, dann kann ihn
eigentlich nichts mehr erschüttern. Denn dieses glanzvolle Fest hat seine
Tücken für alle, die oben auf der Bühne agieren. Unten sitzt nämlich die
Karnevalsprominenz, die von unfreundlichen Zeitgenossen „Karnevalsmafia"
genannt wird. Jedenfalls sind das anspruchsvolle, in vielen Veranstaltungen
sturmerprobte Leute, die sich so leicht nicht beeindrucken lassen und immer
für kritische Vergleiche zu haben sind. Und da sitzen auch die Sponsoren,
die verständlicherweise hohe Massstäbe an das Fest legen, das sie (in der
Regel recht uneigennützig übrigens) mit Geld und Rat fördern - und natürlich
auch die Repräsentanten der Gesellschaften.
So hat sich denn am Abend der Proklamation schon mancher vom Lampenfieber
geschüttelte Prinz gefragt, „ob dat all richtig es" und warum er die Mühsal
eigentlich auf sich nimmt. Ja, warum eigentlich? Immer mal wieder wird
behauptet, die Rolle im Dreigestirn bringe wirtschaftliche Vorteile. Aber
damit ist es so weit nicht her. Es stimmt sicher, dass ein Mann, der für ein
paar Wochen im Vordergrund steht, nicht nur sich selbst, sondern auch seine
Firma und deren Produkte bekannt macht. Aber das garantiert, wie viele
Beispiele zeigen, noch keinen geschäftlichen Erfolg. Kein vernünftiger
Mensch macht heutzutage Kaufentscheidungen oder Auftragsvergaben davon
abhängig, ob jemand karnevalistisch engagiert ist. „Mit diesem Aufwand an
Zeit und Geld hätte ich geschäftlich mehr erreichen können", versichert ein
Ex-Prinz glaubwürdig. Es gibt andere, stärkere Motive. Zweifellos spielt das
Bewusstsein eine Rolle, einen Beitrag zur Tradition, zur Kultur und zum
Charakter der Stadt Köln leisten zu können, sowie der Wunsch, Menschen
Freude zu machen. Und dann ist da - was keine Tollität ernsthaft leugnet -
auch Eitelkeit im Spiel. Das Gefühl, Narrenfürst zu sein, für ein paar
Wochen über das närrische Köln zu herrschen, schmeichelt dem Ego.
Dabei stimmt das mit dem Herrschen gar nicht. Wie alle Monarchen der
heutigen Zeit sind auch die karnevalistischen Regenten nur Repräsentanten
und - so, wie richtige Könige vom Parlament - vom Festkomitee abhängig, das
sich ja immer noch, wie in seinen Gründerjahren, als „festordnendes Komitee"
versteht. Dort wird ihr Zeitplan aufgestellt, von dem nur geringfügige
Abweichungen möglich sind. Und dort wird auch darauf geachtet, dass ein
Dreigestirn nicht aus der traditionellen Rolle fällt. Ein Ex-Prinz denkt
noch heute an die blauen Flecken am Schienbein, die ihm der freundlich
lächelnde Festkomiteepräsident Thomas Liessem unter dem Tisch zugefügt
hatte, als er mal frei von der Leber weg seine eher unkonventionellen
Gedanken zum Fastelovend öffentlich formulierte. Immerhin: Unter dem Mantel
der Narretei kann der Prinz schon mal Spott und Kritik anbringen und sich
über (nicht nur karnevalistische) Institutionen lustig machen. Als
Privatmann bliebe er damit ungehört.
Doch wenn sie auch ziemlich machtlos sind, die Tollitäten, sie verkörpern
den Kölner Karneval, dieses uralte Volksfest, das alle Widrigkeiten und
Krisen überlebt hat. Deshalb werden sie umjubelt, gefeiert und besungen. Man
liebt sie einfach, weil sie Symbolfiguren sind und lässt es sie spüren; im
grossen, repräsentativen Saal, im Festzelt, im Sälchen hinter der
Vorort-Wirtschaft, bei Besuchen im Altenheim oder im Krankenhaus und ganz
besonders am Rosenmontag, wenn Hunderttausende am Zugweg stehen.
Begeisterung der Menschen, deren Freude und Rührung, erleben die Tollitäten
wie einen glückhaften Rausch, in einer Euphorie, die mit nichts zu
vergleichen ist. Und dies entschädigt für Strapazen, gelegentlichen Ärger
und hohe Kosten.
„ . . .ein
einzig Mal ein stolzer Prinz im Karneval" - das ist schon ein Höhepunkt im
Leben eines Kölners.
Was
wir heute »Prinz Karneval« nennen, wurde von den romanischen Reformen
1823 als »Held Karneval« in die kölnische Fastnachtszenerie
eingeführt. Er blieb Ursprünglich und lange Zeit ohne Begleiter »Kölner
Bauer« und »Kölner Jungfrau«, die heute gemeinsam mit dem Prinzen
Karneval das » Dreigestirn « oder » Trifolium « bilden.
Emanuel Ciolina Zanoli war der erste Held Carneval. Wäre es ihm nicht
gelungen, diese Rolle so überzeugend darzustellen, gäbe es heute wohl
kein Dreigestirn. Er war beliebt; das Volk verehrte ihn als Symbol für
die Neugestaltung des Karnevals. Mit ihm konnten die Menschen aus einer
rauen Wirklichkeit in eine Märchenwelt flüchten, in der es keine
preußische Obrigkeit, keine daniederliegende Wirtschaft und keine
Steuererhöhungen gabe n. Dieser Held wollte die Kölner nicht nur alles
Unerquickliche für kurze Zeit vergessen lassen, sondern ihnen auch neuen
Mut geben, sich wieder auf ihre optimistische Lebenseinstellung zu
besinnen. Emanuel Ciolina Zanoli wurde 1796 in Köln geboren und starb,
41jährig, 1837 in seiner Heimatstadt. Er war Kölnisch-Wasser-Fabrikant.
Seine Familie war mit den Farinas verwandt und wie diese aus Italien
eingewandert. Carl Anton Zanoli hatte, zunächst als Gehilfe, dann als
Geschäftspartner, bei Farina mitgearbeitet und sich 1773 selbständig
gemacht. Seine Kölnisch-Wasser-Fabrik gegenüber dem Gülichplatz gehörte
etwa ein Jahrhundert lang zu den führenden Häusern der Branche, bis sie
1889 aus dem Handelsregister gestrichen wurde. Bei den 1990 begonnenen
Ausgrabungsarbeiten an St. Alban konnte am Quatermarkt, nördlich der
Straße In der Höhle, das Haus des Kölnisch-Wasser-Fabrikanten Zanoli an
Hand der in der Abwassergrube gefundenen Kölnisch-Wasser-Fläschchen
bestimmt werden.
Als Carl Anton Zanoli 1780 starb, erbte sein Neffe Johann Baptist
Ciolina die Firma und fügte deren Namen dem seinen hinzu. Sein ältester
Sohn Emanuel übernahm am 22. September 1818 die Leitung des Geschäfts.
Später, nach dem Tod des Vaters, teilte er die Firma mit seinem Bruder.
Die beiden bezogen benachbarte Läden.
Emanuel Ciolina Zanoli, der Mitglied der Casino-Gesellschaft war,
verkörperte die Rolle des Helden mehrere Jahre, wahrscheinlich bis 1830,
da man 1831 erstmals den Hanswurst als Stellvertreter des Helden an der
Spitze des Karnevals feierte. Was liegt näher als ein Wechsel in der
Person.
Zanoli ist der Vorfahr aller Prinzen, und er hat die Richtung angegeben,
die trotz vieler Reformen bis heute erhalten blieb, und deshalb sollten
"seine Jahre" etwas näher betrachtet werden. Dem Komitee, das 1823 dem
Karneval neue Inhalte geben wollte und auch bestrebt war, die
gesellschaftliche Oberschicht für das Volksfest zurückzugewinnen,
gehörten auch die Herren J. B. Farina und C. Zanoli an. Es ist
anzunehmen, das diese den wirtschaftlich gut gestellten Emanuel
vorschlugen und ihm den Weg zum Helden ebneten.
Von seinem ersten Auftreten ist uns einiges überliefert. Am
Fastnachtsmontag wurde er von einem Ehrengeleit zu Hause abgeholt.
Man zog um 11 Uhr zum Neumarkt. Dort bestieg der Held, geschmückt mit
einer goldenen Krone mit Pfauenfedern, einer breiten Kette auf weißem
Gewand sowie einem mit Hermelin besetzten Purpurmantel, einen prächtigen
Thron. Eine Abordnung geachteter Bürger reichte ihm den Ehrenwein,
Böllerschüsse wurden abgefeuert, und auf dem Neumarkt sowie den
angrenzenden Straßen erscholl überschwänglicher Jubel. Nach dieser
Zeremonie der ersten "Proklamation" setzte sich der damals noch recht
einfache, aus 15 Gruppen bestehende Zug vom Neumarkt aus in Bewegung.
Sein Motto hieß: " Thronbesteigung des Helden Carneval." Der Held fuhr
in der 14. Abteilung in einem von acht Pferden gezogenen Triumphwagen.
Mit im Zug waren auch die Roten Funken, die Helligen Knäächte un Mägde
und eine Jungfrau, deren Name nicht überliefert ist. Sie ritt auf einem
Schimmel, trug eine Mauerkrone auf dem Kopf und war in ein alt-römisches
Gewand gekleidet. Zu dem Ereignis schrieb Chr. Samuel Schier ein Lied,
das noch viele Jahre das Eröffnungslied aller Sitzungen blieb. Darin
heißt es über den Helden:
"Dort kommt
der Held geschritten,
der heut das Zepter führt,
der auf der Völker Bitten
sich mit der Herrschaft ziert.
Er naht - oh, stolze Sonne,
las ab von deinem Glanz!
Vor lauter Lust und Wonne
vergehen wir sonst ganz!"
"Als 1823 der Karneval neu organisiert
wurde, gab man dem Fest den Helden Karneval als Mittelpunkt. Das Gewand des
Helden war dem eines Kaisers nachgebildet, er trug eine goldene Krone mit einem
Pfauenschweif, dem Symbol der Unsterblichkeit. Die Karnevalsmütze gab es zu der
Zeit noch nicht. In der rechten Hand trug er ein Zepter, in der linken eine
„Waffe“, die heutige Pritsche. Aus dem Gewand des Helden wurde im Laufe der
Jahre das Kostüm des Prinzen. Das heutige Prinzenkostüm ist der burgundischen
Mode in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts nachgearbeitet. Nach dem Krieg
1870/71 wurde aus dem Helden Karneval der „Prinz Karneval“. Eine
Prinzenproklamation gibt es erst seit 1936. Die Kölner Jungfrau trat schon 1823
beim ersten Maskenzug auf. "
Quelle: Doris Richter
"Der heutige Prinz
Karneval wurde 1823 von den Reformern als "Held Karneval" in die Kölner
Narrenszenerie eingeführt. ...
Der Held sollte nach den Vorstellungen der Reformer "die Erbärmlichkeit des
gewöhnlichen Treibens auf Grund seines edlen Charakters" in die gewünschten
Bahnen lenken und alle Missstände besiegen. Der erste Prinz Karneval wurde
schließlich 1872 proklamiert. Zu dieser Zeit war das Wort "Held Karneval"
nicht ganz passend. Ein Held wurde zur Zeit des Heldenkaisers Wilhelm I.
assoziiert mit Kriegsgetümmel, Vaterland und Tapferkeit. Die Reformer aber
hatten in ihrem Helden eine Gestalt der Freude geschaffen, nicht den
Schlachtfeld-Heros."
Erst in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts
wurden Prinz, Bauer und Jungfrau zum närrischen Dreigestirn. Keine leichte
Aufgabe: Denn zur Weisheit im Narrenkleid gehört auch der spielerische
Umgang mit der Macht auf Zeit. Und wie Regierungsmannschaften unterliegt ein
jeckes Trifolium heute nicht minder der "political correctness". Das
Anspruchsprofil erwartet den Charme von Dreißig- und die Erfahrung von
Sechzigjährigen, Witz auf der Sitzung und Sensibilität beim Besuch kranker
Kinder, Volkstümlichkeit im Festzelt und Würde beim Kardinal
In Cöln hatte sich die geistige und wirtschaftliche Elite
vorgenommen, das schon seit vielen Jahrhunderten in der Stadt heimische Fest
grundlegend zu erneuern. Im Mittelpunkt stehen sollte die Figur des "Helden"
Karneval, der alljährlich am Rosenmontag seinen Siegeszug durch die Stadt
antreten musste. Zum "Prinzen" wurde der "Held" erst nach 1870.
In den ersten Jahren nach der Neuordung des Jahres 1823 war die wichtigste
Person neben diesem Helden die "Prinzessin Venetia", seine ewige Braut. Sie
findet sich im Rosenmontagszug bis zur Jahrhundertwende. Für die Figur des
Helden stand übrigens die des Kaisers des Römischen Reiches Pate, denn Köln
war als Freie Reichsstadt bis 1806 Teil des Heiligen Römischen Reiches
Deutscher Nation. Darauf war man stolz, daran knüpfte man an. Das Gewand des
Helden Karneval war also demjenigen des Kaisers nachempfunden: Er trug eine
goldene Krone mit Pfauenschweif, dem Symbol der Unsterblichkeit. Schon
damals fand eine feierliche Inthronisierung des Helden statt: Bei einem
Volksfest auf dem Neumarkt, dem größten Platz der Stadt, bestieg er am
Rosenmontag seinen Thron.
Der erste Held Carneval war Emanuel Ciolina Zanoli, ein
Kölnisch-Wasser-Fabrikant, verwandt mit den Farinas, der damals bekanntesten
Duftwasserdynastie am Rhein und wie diese aus Italien stammend. Die
Prinzessin Venetia wurde von einem Manne verkörpert, dem Bankier Simon
Oppenheim, dem ältesten Sohn des Firmengründers Salomon Oppenheim. Beide
setzten sich in vielfacher Weise für ihre Vaterstadt ein, Simon wurde für
seine Verdienste 1867 in den Adelsstand erhoben.
Der Preußisch-Französische Krieg 1870/71 wirkte sich
nachhaltig auf den Kölner Karneval aus: War die zentrale Figur bis dahin der
"Held" gewesen, mutierte dieser nun zum "Prinzen", schließlich hatte man nun
einen "Heldenkaiser", und eine Beibehaltung des alten Titels hätte im neuen
Deutschen Reich wohl falsch interpretiert werden können. Seit jenen Jahren
sprach man auch nicht mehr von der "Prinzessin", sondern bezeichnete diese
nun als "Jungfrau".
Zurück zum Helden. Sein Gewand war dem des Kaisers
nachgebildet, denn die Kölner liebten ihren Kaiser, dem sie als freie
Reichsstadt untertänig waren. Der Held trug eine goldene Krone mit einem
Pfauenschweif, dem Symbol der Unsterblichkeit. Auf weißem Unterkleid trug er
eine goldene Kette und darüber einen prächtigen, mit Hermelin besetzten
Purpurmantel. In der rechten Hand hielt er ein Zepter und in der linken die
Pritsche.
Das heutige Ornat des Prinzen ist der burgundischen Mode der
zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts nachempfunden. Es hat sich langsam aus dem
ursprünglichen Ornat des Helden entwickelt. Die Pritsche des Prinzen geht zurück
auf die Fruchtbarkeitsrute der Germanen. Dem Schlag mit der Rute wurde eine
magische Kraft nachgesagt, für den der daran glaubte. Der Glaube daran ging
verloren, die Pritsche blieb als Symbol erhalten. Seit der Reform des Karnevals
ist die Pritsche zum festen Attribut des Prinzen geworden, der sie über sein
Narrenvolk schwingt. Die Pritsche bekommt der Prinz am Tag der Proklamation
durch den Oberbürgermeister / Bürgermeister überreicht , und er gibt sie am Karnevalsdienstag,
dem Ende seiner Regentschaft, an den Oberbürgermeister / Bürgermeister zurück. Bereits 1823
wurde die Pritsche in einem feierlichen Akt durch den Zeremonienmeister dem
Prinzen übergeben. Damit galt die Fastnacht als eröffnet. Die vier gefärbten
Fasanenfedern an der Mütze des Prinzen symbolisieren die vier Karnevalsfarben
rot, grün, gelb und weiß. Rot und weiß stehen für die Stadt Köln, gelb für die
Kirche und grün vermutlich für die kurkölnischen Farben rot und grün.
Auch damals fand schon eine feierliche Inthronisierung des
Helden statt. In Form eines Volksfestes bestieg der Held seinen Thron und bekam
von seinen Untertanen, den Kölner Bürgern, den Ehrenwein gereicht. Böllerschüsse
erschallten, und großer Jubel brach aus. Für den Helden sicher ein genauso
großer Augenblick, wie für unser heutiges Dreigestirn die Proklamation im
Gürzenich.
1823 wurde erstmals ein Maskenzug organisiert, dessen
Mittelpunkt der Held Carneval war. Erst ab 1832 spricht man vom Rosenmontagszug.
Natürlich war der Zug damals nicht so lang wie heute, es nahmen ca 200 Personen
daran teil, auch sein Weg war nicht so weit. Jedoch der Jubel, der den Helden
umgab, war so groß wie heute. Er mag sogar noch herzlicher gewesen sein, denn
man umjubelte den Helden, der Erbsen und Konfetti warf. Heute umjubeln viele
Zuschauer die Schokolade und die Sträußchen und nicht den Prinz, der sie wirft.
Trotzdem ist heute wie früher der Prinz die Hauptperson, an der sich das ganze
Fest hochrankt. Denn als Faustregel gilt, die Session ist so gut wie das
Dreigestirn.
Prinz Karneval
Der Mann, der 1823 den Karren aus dem Dreck zog, war der
Kölnisch Wasser Fabrikant Emanuel Ciolina Zanoli. Er war der erste Held Carneval.
Wäre es ihm damals nicht gelungen, dank seiner starken Persönlichkeit, die Rolle
des Helden so überzeugend darzustellen, hätten wir heute vielleicht kein
Dreigestirn, denn über den Helden und den Hanswurst kam es zu unserm heutigen
Prinzen. Aber Zanoli war überzeugend, das Volk verehrte und umjubelte ihn. Er
war der wahrhafte Mittelpunkt der Neugestaltung des Karnevals. Durch ihn
besannen sich die Bürger wieder auf sich selbst. Der Kölner Humor und die den
Kölnern eigene optimistische Lebenseinstellung gewann wieder die Oberhand.
Zanoli war der Vorfahre aller Kölner Karnevalsprinzen. Er hat die Richtung
angegeben, die trotz vieler späterer Reformen im Karneval, bis heute erhalten
blieb.
Zanoli hat viele Jahre nacheinander den Helden dargestellt.
Da man ab 1831 vom Hanswurst als dem Vertreter des Helden spricht, ist
anzunehmen, dass hier ein Wechsel der Person stattfand. Der Hanswurst trat dann
immer mehr in den Sprachgebrauch, um sich später wieder mit dem Helden zu
vermischen. Man sprach sogar vom hanswurstlichen Helden. Nach dem Krieg 1870/71
trat dann der Begriff „Prinz" Karneval auf, der sich bis heute gehalten hat.
Man darf sich das Amt des Prinzen in der früheren Zeit nicht
so vorstellen wie heute. Noch bis zum Zweiten Weltkrieg war der Prinz nur für
drei im Amt. Es wurde auch nicht so weit im Voraus geplant wie heute. Es konnte
passieren, dass man erst Weiberfastnacht einen Prinzen fand oder, wie 1912
geschehen, erst am Karnevalssamstag. Der Prinz besuchte offiziell keine
Veranstaltungen. Er gab allerdings schon ein Prinzenessen. Auch wurden Prinz,
Bauer und Jungfrau jeder in der Gesellschaft proklamiert, aus der sie kamen. Es
kam nicht selten vor, dass der Prinz schon proklamiert war während Bauer und
Jungfrau noch nicht gefunden waren, oder auch umgekehrt.
Welcher echt
kölsche Jung hat sich nicht schon einmal aus tiefstem Herzen gewünscht: „Ach wär
ich nur ein einzig Mal ein stolzer Prinz im Karneval"? So wie jedes kleine
Mädchen einmal Funkemariechen werden möchte.
Die Rolle des Prinzen hat sich in unserer hektischen und
schnelllebigen Zeit verändert. Früher war der Prinz nur wenige Tage im Amt, da
war er noch eine „Herrlichkeit", der das Volk tiefe Verehrung entgegen brachte
und keineswegs so volksnah wie unser heutiger Prinz. Die Würde und die Person
des Prinzen waren unantastbar. Es wurden keine Witze über den Prinz gemacht, und
was er sagte wurde niemals angezweifelt. In den wenigen Tagen seiner Amtszeit
hatte der Prinz nur Bewunderer, aber er hatte auch kaum Zeit Fehler zu machen.
Unser heutiger Prinz, der im Durchschnitt sechs bis acht
Wochen im Rampenlicht steht, ständig unterwegs ist und bis zu 400 Auftritte
bewältigen muß, immer von der Presse begleitet und umlagert wird, hat es da viel
schwerer. Vielen ist ein reißerischer Artikel mehr wert, als die Würde des
Dreigestirns. Bei all seinen Reden, die der Prinz halten muss, kann er sehr viel
für das Ansehen seiner Vaterstadt und den Kölner Karneval tun, er kann es aber
beim besten Willen nicht allen Menschen recht machen. Außerdem sind die Leute,
verwöhnt von den Medien, längst nicht mehr so begeisterungsfähig wie früher.
Tolerant gegenüber ihrem Dreigestirn sollten sie jedoch sein.
Wir Kölner brauchen unser Dreigestirn zur Aufrechterhaltung
und zum Fortleben unseres Karnevals. Außerdem bildet das Dreigestirn einen nicht
zu unterschätzenden Beitrag zur Kultur und zum Charakter unserer Stadt. Ein
diplomatischer Prinz darf, wenn es darauf ankommt, unter dem Deckmantel der
Narrheit Dinge sagen, die ein Vertreter der Stadt nicht immer öffentlich sagen
kann. Die Session 1991 und der Golfkrieg waren ein Beispiel dafür. Der Karneval
1991, der aus allen Normen herausgefallen ist, hat uns gezeigt, dass sich auch
heute noch das ganze Fest am Prinzen hochrankt. Wir wollen alle dazu beitragen,
dass es auch in Zukunft so bleibt.